Mit Erdkabeln durch den Rhein

Jahrelang wurde die Rhein-Querung der zukünftigen Erdkabeltrasse A-Nord geplant. Am 1. April begann zum Auftakt der Baumaßnahmen die Öffnung der Deiche. Ein Baustellenbesuch.
Es ist kalt in Haffen bei Rees im Norden von NRW am Morgen des 1. April. Das Thermometer im Auto zeigt nur knapp über 0 Grad, die Sonne kämpft sich langsam durch den tief über den Feldern hängenden Nebel. Dennoch sind hier alle Anwesenden hellwach und höchst motiviert. Auf diesen Tag haben alle Beteiligten Jahre lang hingearbeitet. Pünktlich um 8 Uhr beginnen die Bagger mit ihrer Arbeit.
„Mit der Öffnung des ersten Deiches geht es jetzt so richtig los“, freut sich Lukas Weigand, der bei Amprion für diesen Abschnitt des Erdkabelprojektes A-Nord verantwortlich ist. Damit meint er die Querung des Rheins, die in den vergangenen Wochen akribisch vorbereitet wurde. Die rund 300 Kilometer lange Stromverbindung A-Nord soll zukünftig etwa zwei Gigawatt Windstrom aus dem Nordseeraum in Emden aufnehmen und per Erdkabel nach Meerbusch-Osterath bei Düsseldorf bringen. Damit der Trassenverlauf sein Ziel erreichen kann, muss der Rhein zwischen Rees und Xanten, bei Rhein-Kilometer 834, durchquert werden. Dafür wurden zunächst Baustellenflächen eingerichtet, Baucontainer aufgestellt und die provisorischen Zuwegungen für die Maschinen und Fahrzeuge hergestellt.
Enge Abstimmung

Für die Rheinquerung muss die Trasse sowohl durch den Fluss als auch durch die Deiche an den Uferseiten gebaut werden. Hinter der gewaltigen Baumaßnahme steht ein jahrelanges Planungs- und Genehmigungsverfahren.
„Im Bereich der Rheinquerung müssen wir unterschiedliche Restriktionen berücksichtigen“, erklärt Dr. Sarah Janßen, die das Projekt für Amprion durch die Genehmigung begleitet hat. Die Vorlandbereiche zwischen den Deichen, das Gewässer sowie in Teilabschnitten die im Deichhinterland weiterführende Trasse liegen innerhalb des Vogelschutzgebietes Unterer Niederrhein. Innerhalb des Rheins werden darüber hinaus die Rhein-Fischschutzzonen zwischen Emmerich und Bad Honnef gekreuzt. Dazu kommen Vorgaben zum Hochwasserschutz.
Auch deshalb wurde die Bauweise gemeinsam mit den regionalen Verantwortungsträgern festgelegt. Lukas Weigand beschreibt mit konzentriertem Blick auf die Baggerarbeiten das Vorgehen: „Wir durchqueren den Rhein sowie die beiden Deiche in offener Bauweise. Dabei werden die Deiche vorübergehend durchbrochen, sodass wir jeweils einen Kabelgraben für den Einbau der Kabelschutzrohre öffnen können.“ Auf dem Grund des Rheins wird ebenfalls ein etwa vier Meter tiefer Graben ausgehoben, in den im Anschluss die Kabelschutzrohre eingebaut werden.
Sicherheit im Fokus

Bei den Planungen stand vor allem das Thema Sicherheit im Fokus. Denn Deiche werden nicht alle Tage durchbrochen – schon gar nicht, wenn sie einen so gewaltigen Fluss wie den Rhein begrenzen. Daher waren unter anderem die Deichverbände, die Bezirksregierung Düsseldorf und das Wasserschifffahrtsamt an der Planung der Rheinquerung beteiligt.
Verbände, Kommunen und Anwohner*innen interessiert vor allem, wie mit einer Hochwassersituation während der Baumaßnahme umgegangen wird. „Darauf wurden alle Verantwortlichen intensiv vorbereitet“, erklärt Lukas Weigand. „Dank moderner Prognose-Tools können wir den Wasserstand für die nächsten 48 Stunden zuverlässig vorhersagen. Sobald es Anzeichen für ein mögliches Hochwasser gibt, treten vorbereitete Notfallpläne in Kraft. Sie beinhalten auch, dass beide Deiche jederzeit und innerhalb von 48 Stunden wieder geschlossen werden können“, so Weigand weiter, während im Hintergrund die ersten Tonnen Bodenaushub mithilfe von starken Traktoren zu ihrem Lagerort auf der Baustellenfläche gefahren werden.
Große Aufgaben
Inzwischen hat sich die Sonne mehr und mehr gegen den Nebel durchgesetzt. Zwischen Deich und Rhein liegen anderthalb Kilometer, die nun vom Deich aus sichtbar werden. Der zukünftige Trassenverlauf ist leicht erkennbar. Drachen in Form von schwarzen Vögeln fliegen entlang der baldigen Baustelle in etwa 15 Metern Höhe. Erst auf den zweiten Blick ist zu erkennen, dass die Tiere nicht echt sind. „Das sind Vergrämungsmaßnahmen“, klärt Dr. Sarah Janßen auf. „Sie sollen verhindern, dass hier Vögel nisten. Die Zäune am Boden haben ein ähnliches Ziel, sie dienen dem Amphibienschutz.“
Es ist also alles vorbereitet in Rees. Ab Juni sollen die Arbeiten im Rhein starten. Bis dahin werden die Baumaßnahmen an den Deichen schon fortgeschritten sein. „Sobald die Kabelschutzrohre im Kabelgraben liegen, werden die Deiche schnellstmöglich wieder geschlossen. Die Baumaßnahmen für die gesamte Rheinquerung sind für den Zeitraum von April bis Oktober genehmigt. Beide Deiche müssen bis Oktober wieder renaturiert sein“, erklärt Lukas Weigand abschließend.
Große Aufgaben also, die in den kommenden Wochen und Monaten auf das Projektteam zukommen. Dr. Sarah Janßen und Lukas Weigand verabschieden sich dennoch mit einem Lächeln. Der Auftakt heute lief schon mal wie geplant.